Das österreichische Baukartell
Baukartell
Mehr als 60 beteiligte Bauunternehmen haben in den Jahren 2003 bis 2017 ein verbotenes Kartell gebildet und systematisch Aufträge untereinander aufgeteilt. Unter anderem sollen Infrastrukturprojekte, die Sanierungen von Gerichtsgebäuden, Straßen, Krankenhäusern, Kindergärten, der Neubau eines Gefangenenhauses, Bauaufträge von Unternehmen und von Privaten Gegenstand von Kartellabsprachen gewesen sein.
Die Kartellanten haben im Vorfeld vereinbart, welches Unternehmen den Zuschlag bekommen soll. Dieses Unternehmen hat zu überhöhten Preisen angeboten, während die anderen Kartellanten noch höhere Scheinangebote gelegt oder gar nicht angeboten haben. Der Zuschlag wurde zu überhöhten Preisen erteilt. Die "unterlegenen" Scheinanbieter wurden vom Bauunternehmen, das den Zuschlag erhalten hat, entschädigt.
Beteiligt sind marktführende, aber auch mittelständische österreichische Bauunternehmen. Nach Medienberichten sollen STRABAG, PORR, HaBau, TEERAG-ASDAG, Held & Francke, Swietelsky, ÖSTU-STETTIN und Kostmann verwickelt sein.
Geschädigte
Geschädigt wurden private Auftraggeber und Unternehmen, aber vor allem Gemeinden, Länder, die Republik sowie öffentliche und staatsnahe Unternehmen, die kartellbedingt höhere Kosten gezahlt haben. Die Geschädigten haben deshalb Anspruch auf Schadenersatz gegen die Kartellanten.
Der Gesamtschaden soll in die Milliarden gehen.
Gewaltige Dimension des Kartells
Bei mehr als 1.000 Projekten sollen Auftraggeber durch überhöhte Preise geschädigt worden sein. Setzt man als Untergrenze eine Mrd EUR an, beträgt der Schaden pro Baulos im Schnitt EUR 1,25 Mio.
Das Baukartell soll das größten Kartell der Behördengeschichte der Bundeswettbewerbsbehörde sein.
Bisher haben mehr als 100 Hausdurchsuchungen stattgefunden. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen ca. 260 Beschuldigte und 70 Bauunternehmen.
Sanktionen
Den Kartellanten drohen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des Umsatzes.
Die Bundeswettbewerbsbehörde wird die ersten Anträge gegen Kartellanten in nächster Zeit beim Kartellgericht einbringen.
Strafverfahren gegen die Beteiligten sind wahrscheinlich.
Schadenersatz
Die Geschädigten haben gegen die Kartellanten Schadenersatzansprüche. Die Geschädigten sind so zu stellen, als wäre der Schaden gar nicht eingetreten, somit so, als wäre kein Kartell gebildet und Marktpreise vereinbart worden. Die Höhe des Schadens ergibt sich aus der Differenz zwischen bezahlten Preis und dem kartellfreien Preis, der durch komplexe Verfahren ermittelt werden kann.
Die Kartellrechtsnovelle 2017 bringt zahlreiche Erleichterungen bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverletzungen. Ein absolutes Novum und eine wesentliche Beweiserleichterung ist, dass das Gericht den Kartellanten die Offenlegung von Beweismitteln auf Antrag des Klägers auftragen kann. Das gilt auch für vertrauliche Informationen, die dem Offenlegenden schaden.
Verpflichtung, Schadenersatz geltend zu machen?
In der Literatur wird zunehmend diskutiert, dass Leitungsorgane (Geschäftsführer, Bürgermeister etc) haftbar sein können, wenn der Rechtsträger Schadenersatzansprüche hat, der Leiter diese aber nicht verfolgt, obwohl die Chancen dazu gegeben sind.
Die Forderung des Rechtsträgers gegen die Kartellanten ist ein vermögenswertes Gut, auf das das Leitungsorgan nicht verzichten darf.
Setzt er die Ansprüche nicht durch, kann er damit seinem Rechtsträger schadenersatzpflichtig werden und unter Umständen sogar strafrechtlich wegen Untreue haften. Der Schadenersatzpflichtige haftet mit seinem gesamten persönlichen Vermögen.
Unsere Expertise:
Unser Partner Michael Brand beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Rechtsdurchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Kartellrecht. Michael Brand hat zu diesem Thema im Verlag Linde im Jahr 2017 das österreichische Standardwerk Schadenersatz im Kartellrecht, Praxishandbuch Private Enforcement veröffentlicht. Dieses Buch behandelt sämtliche relevanten Problemstellungen und Lösungsansätze zur Durchsetzung und Abwehr von Schadenersatzansprüchen im Kartellrecht.
Wir haben die Expertise zur Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverletzungen und eine mehr als 20-jährige Erfahrung mit der Führung von Massenverfahren.
Prozesskostenfinanzierung
Wir kooperieren zur Durchsetzung der Schadenersatzansprüche im Baukartell ua mit führenden Prozesskostenfinanzierern und informieren Sie auch gerne über Möglichkeiten, wie sie das eigene Prozesskostenrisiko minimieren können.
Informationen
Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Anfragen haben oder an einer Rechtsvertretung interessiert sind.